Ruderei hat neben ernsthaftem Sport und Leistungsstreben sowie gemütlichen Stunden im Vereinsleben auch über lustige Begebenheiten zu berichten.
Nach der Teilnahme an einer Grünauer Regatta, vor 1961, fuhr die Werderaner Viererbesatzung P. Knick, E. Nusch, Kl. Böttcher, N. Seidel, Stm. W. Tietze mit der S-Bahn nach Hause. Sie hatten, um Transportkosten zu sparen, ein Leihboot für ihr Rennen und nur die Ruderriemen als Handgepäck mit in der Bahn. Bei der Rückfahrt am Sonntagabend, zur gleichen Zeit war Kirchentag in Berlin West, hieß es wie immer in Griebnitzsee: "Guten Abend, den Personalausweis und das Gepäck zur Kontrolle!" Und sie hatten ja Handgepäck. Schön lang und etwas eingepackt, um die Blätter zu schützen. Auf alle Fälle stach das ins Auge und dann noch der Trainer im feinen Zwirn mit Schlips und Kragen - auffallend, auffallend.
Also es kam, wie es kommen musste. "Kommen sie mit raus zur Kontrolle!" war der Befehl. Sie also mit dem Sperrgut in die Kontrollbaracke. Alle Sprüchlein und jede Erklärung halfen nichts. Auch das alles versperrende Ruderholz war kein Beweis für ihre Teilnahme am Rennen der Grünauer Regatta. Aber dann wurde es den Genossen doch zu bunt, denn die Riemen quer durch die Baracke, versperrten jeden Weg. Man war schon dabei, sie zu entlassen, da brachten sie noch einen Beweis zu ihrer Rudertätigkeit in Grünau. Denn Werderaner Ruderer fahren nicht nur Boot, S-Bahn, Fahrrad, Bus oder laufen, nein, sie rudern auch erfolgreich. Also die Urkunde aus dem Koffer und auf den Tisch! Das half zu ihrer Entlastung. Ein paar S-Bahnen später konnte die Heimfahrt fortgesetzt werden.
Ein Doppelvierer mit Hildegard Servinsky an Bord, durchruderte auf einer Wanderfahrt eine Eisenbahnbrücke. Im gleichen Augenblick näherte sich ein Personenzug und überquerte diese. Zum Unglück der Ruderer betätigte ein Reisender im unpassenden Augenblick den Fußhebel des Fall-WCs. So kam, was kommen musste! Einige Ruderer hatten plötzlich Sommersprossen, die sie vor der Durchfahrt noch nicht kannten. Es gab ein riesiges Gelächter im Boot, aber Frau Servinsky zog aus diesem Vorfall die Konsequenz. Sie untersagte von jetzt an jedem Boot die Durchfahrt von Eisenbahnbrücken bei Annäherung eines Zuges.
Bei einer Wanderfahrt nach Lehnin mit dem Gig-Doppelvierer "Kellermann", das Boot aus starkem Eichenholz, riss im Emsthaler Kanal in einer Kurve kurz vor einer Brücke die Steuerleine. Der Eichenkahn rammte seine Bootsspitze in einen Holzpfahl. Der Mannschaft gelang es nicht, ohne Eingriff, das Boot wieder loszubekommen. Ruderer aus einem anderen Boot holten aus dem nächsten Ort eine Axt und eine Säge und befreiten das Boot und die Mannschaft aus dieser misslichen Lage. Außer einigen Kratzern am Lack gab es keine weiteren Schäden. Nach der Reparatur der Steuerleine konnte die Fahrt mit guter Laune fortgesetzt werden.
Da in früheren Jahren noch kein Bootsanhänger für Bootstransporte zur Verfügung stand, wurden in den Anfangsjahren Boote im Schlepp oder rudernd auf dem Wasserwege zu den Bestimmungsorten transportiert. In den 50er und 60er Jahren verschnürte man die Boote auf Spriegel für Planen von LKWs. So auch auf einer Fahrt zur Regatta nach Dresden. Zwei Doppelzweier, zwei Doppelvierer und oben drauf noch ein Einer wurden auf dem Spriegel eines LKWs, H 6, verzurrt. Als auf der Heimfahrt Diesel nachgetankt werden musste, fuhr der Fahrer, Rudi List, in Freienhufen an die Tankstelle. Bei der Einfahrt unter das Tankstellendach passte alles noch mit runter. Nach dem Tanken ging es weiter, aber keiner achtete auf die ansteigende Fahrbahn. So geschah es! Da das Tankstellendach nicht nachgab, wurde der obenliegende Einer auf die angegebene Durchfahrtshöhe angepasst. Mit zertrümmertem Einer und einer traurigen Stimmung wurde die Heimfahrt fortgesetzt. Schlussfolgerung aus diesem Schaden früher so wie heute: Da unser Bootsmaterial sehr, sehr teuer ist, ist ein pfleglicher und behutsamer Umgang mit diesem oberstes Gebot.
Ein Rennvierer mit Steuermann legte Sonntagvormittag zur Trainingsfahrt ab. Segler von Werder führten eine Regatta auf der Havel durch. Dicht an der Schilfkante fahrend achtete der Steuermann auf die vielen Segelboote. Zu spät erst sah er ein Paddelboot mit 2 Kleinkindern an Bord, welches aus dem Schilf quer zur Fahrtrichtung des Vierers fuhr. Auch der Paddler konzentrierte sich auf die Segelboote und bemerkte den Vierer nicht. Dieser durchbohrte mit der Spitze beide Seitenwände des Paddelbootes. So aufgespießt auf den Luftkasten des Vierers fing das Paddelboot an unterzugehen. Ein ins Wasser gesprungener Ruderer und der Vater brachten die Kinder, die noch nicht schwimmen konnten, ins Rennboot, welches bis auf Kratzer und einen größeren Riss in der Bespannung, noch ganz war. Ein zu Hilfe gekommener Angler übernahm anschließend Vater und die Kinder und brachte sie an Land. Die Ruderer fuhren langsam mit dem aufgespießten Paddelboot zum Bootshaus zurück, und alles nahm ein gutes Ende.
Ein Regattabesuch in Berlin-Grünau war öfter auch mit der Übernahme von Skull und Riemen aus Friedrichshagen verbunden. Einige Ruderer hatten nun den Auftrag, vier Riemen - Länge ca. 3,80 m - von dort abzuholen. Da kein Fahrzeug vorhanden war, fuhren Sie mit der Straßenbahn. Kompliziert war die Rückfahrt. Die Riemen passten nicht in die Bahn. Da aber der Schaffner ein Herz für den Rudersport hatte, konnten diese außen vom Perron aus gehalten werden. Und so kam man, trotz einem Umsteiger in Köpenick, in Grünau an.
Es war an einem November-Trainingstag. Unser Trainer, Kurt Schebel, wollte uns jungen Damen, Gretel Schroter, Christel Opitz, Bärbel Rauhut, Gisela Rothe durchaus das Rudern im Rennboot schmackhaft machen. Wir waren natürlich mit von der Partie. Anfangs etwas verhalten, ruderten wir unsere Trainingsstrecke vom Bootshaus Richtung Geltow Kirche.
Da bekanntlich im November schon ein kühles Lüftchen weht, waren wir auch mit Trainingsanzügen bekleidet. Kleinere und größere Wellen erschwerten uns die Blattarbeit, zum Leidwesen unseres Trainers; und da geschah es! Eine Unachtsamkeit, ein Krebs und schon kippte der Kahn, pardon das Rennboot, im Zeitlupentempo um. Eine Lachsalve ertönte sowie das Festhalten mit den vollgesogenen Trainingsanzüge begann. Als Verlust war nur ein Schuh von Christel Opitz zu verzeichnen. Ein Werderaner Fischer, der auf Fischfang war und diesen Vorfall beobachtete, kam mit seinem Fischerkahn sofort zu Hilfe geeilt. Wir freuten uns über diese spontane Rettungsaktion, beachteten aber nicht, dass wir, auch durch die pitschnassen Trainingsanzüge eine zu schwere Last waren. So kam es dann dazu, dass das Wasser über den Rand des Fischerkahns rann. Jeder war so mit sich beschäftigt, dass dieses Ereignis erst viel zu spät entdeckt wurde; und somit ging die gesamte Mannschaft (mit Mann und Maus) in diesem Fall mit Trainer und Retter wiederum baden.
Da wir alle gute Schwimmer waren, gelang es uns dann doch noch das Bootshaus zu erreichen. Einen Schaden hatte unser Rennboot nicht genommen; auch wir haben diese Badeaktion im November gut überstanden. Nachdem wir wieder trocken, nicht nur hinter den Ohren, waren, etwas Heißes getrunken hatten, durften wir Badeengel auf ein Tonband unsere Eindrücke vom "Novemberbaden" zum Besten geben.
Zum Abrudern wurde von ein paar Ruderkameraden ein vollgeschlagener Rennzweier namens "Deutschland" aus dem Wasser gehoben. Dabei zerbrach das Boot unter der Last des Wassers in zwei Teile.
Wie man sehen kann, auch im Ruder-Klub machte man sich damals schon Gedanken über das geteilte Deutschland.
Im Jahre 1954 durften wir das letzte mal zur Regatta nach Berlin-Gatow. Man musste aber über Schönefeld-Waßmannsdorf fahren. Während der Rückfahrt führte der Weg unseres Holzgaskochers wieder quer durch Berlin und ausgerechnet am Ku'damm ging dem Kocher das Gas aus; der Wagen rollte noch bis zum KaDeWe. Dort musste unser, für westliche Verhältnisse schon mittelalterlich wirkende Gefährt, mittels Holz aufgetankt werden. Die Nobelmeile mit ihren vielen Schaulustigen Westberlins hat die Qualmwolken gut überstanden und der Transport erreichte Werder ohne weitere Zwischenfälle.